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Et Hölzchen op do Backstuefdüer

Text | Dorfgeschichten | 01.01.1946

Von Albert Bauermann aus Gierzhagen/Schulfreund von Frieder Döring

Übersetzung ins Hochdeutsch von Helga Meierhenrich

Einführung von Frieder Döring: Albert Bauermann verlebte seine Kindheit in Gierzhagen und war mein Schulfreund im Hollenberg? Gymnasium in Waldbröl bis zum Abitur. Obwohl wir beide ganz andere Wege gingen – er studierte Elektrotechnik an der TH Aachen, arbeitete einige Jahre in den USA und später in München – haben wir unsere Verbindung bis heute durch Korrespondenz und gelegentliche Besuche aufrechterhalten. Zu Gierzhagen und seiner Dialekt-Muttersprache blieb seine nostalgische Beziehung ebenfalls stabil. Die Namen in seiner Geschichte sind authentisch und typisch für die früher häufigen Spitznamen wie „Tömpelemann“ und die in unseren Dörfern übliche Umkehrung von Vor- und Familiennamen wie „Piedesch Willi“. Das lag einfach an der begrenzten Zahl der Vornamen, bei den Männern z. B. Hans, Willi, Peter, Klaus, Kurt, Albert, usw., mit denen dann Dutzende Jungen und Männer gleich hießen.“


Elternhaus

Mio hatten en Chiezen en Backstuef. Nohm Kreech. Di hatte do Piedesch Willi opjemaacht. Dä kohm nohm Kreech us em Kaukasus hehm. Wi se mio vozallt hatten.

Di Backstuef woer fröer en Stall. Di Stalldüer wor noch do. On newwer do Stalldüer wor noch en kleen Fiensterchen. De Ruttn woren sicher net ärch reen. Awwer drennen sooch et net mie no Stall us. Do drennen mengte do Willi den Deech, maachte Bruet, maachte et Füer aan on dä Backes wuer heeß on et Bruet wuer jebacken. Em Wöngto wor et schüen wärm do drennen. On Samstaachs kohmen de Fraulöck us Chiezen on däten den Kohchen nohm Backen en den Backes. Dä woer jo noch heeß. On wi Fraulöck so seng: drennen wuo öentlich de Schnutte jeschwaad. Deswäjen woer di Backstuef am Samstach och ömmer zemmlich voll.

Ech woer so sechs Joer alt on spielte vill mem Tömpelemann, dat wor en Jong us Köllen, en hallef Johr jönger wi ech. Di woren em Kreech evakuiert wueren, awwer se wahnten noch en Chiezen newwer us bim Meta. Mier zwei hatten ömmer vill öm de Backstuef eröm ze doon. Wann en Waren met Holz kohm soochen mer zo wi affjeladen wuer, wi et Holz jehauen wuer, wi do Willi et Füer ahnmahchte on aff on zo krechen mer alt es chet ömsös. En Brüetchen ödder en Piefenmann. Jedenfalls wor ömmer chet loss bin do Backstuef.

Ehnes daachs komen mier zwei op di Idee op di Backstuefdüer en Hölzchen ze doon so dat mo se jefangen hatten do drennen on keeno mie russkohm. On dat moß en Samstagmoojen jeweast seng weil baal all Fraulöck us Chiezen en do Backstuef woren, on natüelich och do Piedesch Willi. Mio soochten en passendes Hölzchen on däten et op de Düer. Di ieschte Zitt dät sech nex. Mo soossen ahm Ower on wahten. Bis di drennen spetz krechen dat se net mie russkonnten – dat duete en Zitt.

On du -- opehmohl dät sech chet. En Hand kohm us em Fienstochen newwer do Backstuefdüer on angelte nohm Hölzchen. Awwer se kohm net drahn. Et Fienstochen wor ze witt fott. Du fongen se et schreien ahn drennen weil se us zwei sehn konnten. Mo sollten sofott opmaachen, sös krechen mer jewaltich den Aasch jehauen. Mio maachten net op. Dann reefen se mo krechen en Stöck Koochen, wann mo opmaachten, on donoh reefen se, se däten us ophangen, wann mo net sofott opmaachten. Awwer mio hann en chet jehoostet. Mio wossten: wann mio opmaachten dann koomen mer net mie schnell jenooch fott on krechen den Aasch sowiso jehauen. Weil mio de Been noch net so lang hatten wi di do drennen.

Mio seng affjehauen on hann di do drennen schreien on schängen lohßen.
Et widd sicho en hallef bis en Stond jeduet hann. Dann moß eener kunn seng, dä se russjelohßen hätt us do Backstuef. Ahn uß zweien hann se du schwer jesoocht. Awwer mio woren fott. On mio hann bestemmt ehn ödo zwei Woche  en chrueßen Booren öm de Backstuefdüer jemaacht .
Donoh konnten se all wöddo dröwwer laachen. Am meesten laachte ömmer do Piedesch Willi selwer. Dä nannte den Tömpelemann on mech den Max on den Moritz.
On mio krechen och aff on zo wödder en Brüetchen ödder en Piefenmann.


Diese Ansichten aus Gierzhagen schickte uns der Autor mit:


Die Personen vor dem Eschmanns sind links der Schuster Eschmann, der aus Schladern stammte, daneben seine Frau Katharina Eschmann. ehemalige Handarbeitslehrerin der evgl. Volksschule Gierzhagen und geborene Klein, Schwester meines Opas des Klempnermeisters Heinrich Klein, die ich noch persönlich gekannt habe. Gest. ca 1953. Der junge Mann rechts ist Heini Eschmann, ihr Sohn, Vetter meiner Mutter.


Das Heinisch-Hus


Das Hölzchen auf der Backstubentür

Wir hatten in Gierzhagen eine Backstube. Nach dem Krieg. Die hatte der ‚Piedesch Willi‘ aufgemacht. Der kam nach dem Krieg aus dem Kaukasus heim. Wie sie mir erzählt haben.

Die Backstube war früher ein Stall. Die Stalltür war noch da. Und neben der Stalltür war noch ein kleines Fensterchen. Die kleinen Scheiben waren sicher nicht arg sauber. Aber drinnen sah es nicht mehr nach Stall aus. Da drinnen mengte der Willi den Teig, machte Brot, machte das Feuer an, und der Backofen wurde heiß und das Brot wurde gebacken. Im Winter war es schön warm da drinnen. Und samstags kamen die Frauensleute aus Gierzhagen und taten den Kuchen zum Backen in den Backofen. Der war ja noch heiß. Und wie Frauensleute so sind: drinnen wurde ordentlich das Mundwerk in Betrieb gesetzt. Deswegen war die Backstube am Samstag auch immer ziemlich voll.

Ich war so sechs Jahre alt und spielte viel mit dem ‚Tömpelemann‘, das war ein Junge aus Köln, ein halbes Jahr jünger als ich. Die waren im Krieg evakuiert worden, aber sie wohnten noch in Gierzhagen neben uns beim Meta. Wir beide hatten immer viel um die Backstube herum zu tun. Wenn ein Wagen mit Holz kam, sahen wir zu wie abgeladen wurde, wie das Holz gehauen wurde, wie der Willi das Feuer anmachte, und ab und zu kriegten wir mal etwas umsonst. Ein Brötchen oder einen Weckmann/Pfeifenmann. Jedenfalls war immer was los bei der Backstube.

Eines Tages kamen wir zwei auf die Idee, auf die Backstubentür ein Hölzchen zu legen, so dass wir die da drinnen gefangen hatten und keiner mehr rauskam. Und das muss ein Samstagmorgen gewesen sein, weil fast alle Frauen aus Gierzhagen in der Backstube waren, und natürlich auch der ‚Piedesch Willi‘. Wir suchten ein passendes Hölzchen und legten es auf die Tür. Erst einmal tat sich nichts. Wir saßen gegenüber und warteten. Bis die drinnen spitzkriegten, dass sie nicht mehr rauskonnten – das dauerte eine Zeitlang.

Und da – auf einmal tat sich was. Eine Hand kam aus dem Fensterchen neben der Backstubentür und angelte nach dem Hölzchen. Aber sie kam nicht dran. Das Fensterchen war zu weit fort. Da fingen sie drinnen an zu schreien, weil sie uns beide sehen konnten. Wir sollten sofort aufmachen, sonst kriegten wir gewaltig den Hintern gehauen. Wir machten nicht auf.

Dann riefen sie, wir kriegten ein Stück Kuchen, wenn wir aufmachten, und dann riefen sie, sie würden uns aufhängen, wenn wir nicht sofort aufmachten. Aber wir haben ihnen was gehustet. Wir wussten: wenn wir aufmachten, dann kamen wir nicht mehr schnell genug fort und kriegten den Hintern sowieso gehauen. Weil wir die Beine noch nicht so lang hatten wie die da drinnen.

Wir sind abgehauen und haben die da drinnen schreien und schimpfen lassen. Es wird sicher eine halbe bis eine Stunde gedauert haben. Dann muss jemand gekommen sein, der sie aus der Backstube rausgelassen hat. Nach uns beiden haben sie dann schwer/tüchtig gesucht. Aber wir waren fort.

Und wir haben bestimmt ein oder zwei Wochen einen großen Bogen um die Backofentür gemacht. Danach konnten sie alle wieder drüber lachen. Am meisten lachte immer der ‚Piedesch Willi‘ selbst. Der nannte den ‚Tömpelemann‘ und mich den Max und den Moritz.
Und wir kriegten ab und zu wieder ein Brötchen oder einen Weckmann/Pfeifenmann.


1 Im Scheffengarten