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Molkerei Leuscheid

Text | Verschwundene Orte | 01.01.1965

Als die Kuh noch zur Familie gehörte: die gute Windecker Milch kam bis 1965 aus der Molkerei Leuscheid 

Veröffentlicht RS-Anzeiger und Rundschau am 14.12.2015 - von Sylvia Schmidt

Mit Zylinder absolvierten Heinz Busch und Heinz Winkels ihre letzte Fahrt für die Molkerei Leuscheid im Jahr 1965 zu den Rosbacher Höhenorte. Foto: Rolf Gatzmanga

Windeck. Auf „Milchböcken“, erhöhten Verladepodesten für die Kannen der Bauern, wurde die frisch gemolkene Milch bis 1965 an festgelegten Sammelstellen in den einzelnen Ortschaften der damaligen Gemeinden Dattenfeld, Herchen und Rosbach abgestellt. Fuhrwerke und Fuhrunternehmer holten sie dort täglich zur Weiterverarbeitung in der Molkerei Leuscheid ab. Im Rahmen der Dezentralisierung wurde die Molkerei vor 50 Jahren geschlossen. 

Günther Schmidt wohnt noch heute im Ort und arbeitete damals im Büro der Molkerei Leuscheid. Er und Gerd Gerhards aus Öttershagen, der als Milchkontrollassistent des Landeskontrollverbandes Rheinland in Bonn in der Molkerei für die Bestimmung von Fettgehalt und Haltbarkeit zuständig war, sind die letzten lebenden Mitarbeiter. „Damals hatte fast jeder Haushalt noch eine Kuh“, erzählen sie. „Die Qualität der Produkte, die der letzte Molkereileiter Stiehler und seine zehn bis zwölf Mitarbeiter in Leuscheid zu Trinkmilch, Quark, Sahne und Butter verarbeiteten, erhielten zahlreiche  Qualitätsauszeichnungen. Gerhards und Schmidt ist dazu ein Satz Stiehlers im Gedächtnis haften geblieben: „“Die Bauern verwenden bei der Bewirtschaftung der Wiesen überwiegend wirtschaftseigenen Dünger, also Jauche und Mist. Auch die Bergwiesen und Weiden sind für die gute Qualität entscheidend.“ 

Um Wartezeiten in der Molkerei zu vermeiden, hatten die Fahrer morgens feste Abgabezeiten an der Rampe. Dort kamen die Kannen aufs Fließband,  um die Milchmenge auf der Waage zu bestimmen. Wöchentlich wurden von jeder Lieferung Milchproben für das Labor gezogen um Fettgehalt und Haltbarkeit zu bestimmen. Wenn die Rohmilch entrahmt war, wurde anschließend wieder Fett zugeführt bis der gewünschte Fettwert, beispielsweise drei Prozent für Trinkmilch, erreicht war. „Der Preis für die Landwirte richtete sich nach dem Fettgehalt“, berichtet Gerhards, der den Milchpreis von 1965 noch ungefähr im Kopf hat. „Pro Liter Milch zahlte die Molkerei je nach Qualität 40 bis 48 Pfennige“. Wenn die Fuhrleute die leeren Kannen aus der Molkerei abholten, enthielten diese außerdem einmal in der Woche Käse und Sahne für jeden Zulieferer. 

„Als die Molkerei geschlossen und die Verarbeitung der guten Windecker Milch nach Hennef verlegt wurde, war die Enttäuschung der Landwirte und der Mitarbeiter groß“, beschreibt Günther Schmidt die Stimmung vor einem halben Jahrhundert. Schon vorher war die Verpackung der  Milchprodukte in Hennef erfolgt, bevor sie in den kleinen Geschäften in den drei Gemeinden über die Ladentheke gingen. 

Milchhandel Thewes in Dattenfeld

Der Milchhandel Thewes in Dattenfeld wurde täglich durch Fuhrunternehmer Steinhauer mit Frischmilch aus der Molkerei Leuscheid beliefert. Im Jahr 1959 eröffnete Heinz Thewes den Milchhandel. Mit seinem Milchwagen brachte er täglich rund 300 Liter Trinkmilch in isolierten, gekühlten Tanks zu den Kunden in seinem Bezirk Dattenfeld, Schladern, Rossel-Wilberhofen und später auch Dreisel bis an die Haustüre. Hinter der Theke bedienten seine Frau Renate und Mutter Gertrud die Kunden, die sich ihren täglichen Milchbedarf in Kannen abfüllen ließen. 


Der Milchmann ist da. Heinz Thewes öffnete wie hier in Übersetzig die Klappe seines Milchwagens und bediente die Kunden vor ihrer Haustür.  Foto: Heinz Thewes




Jeder Fuhrunternehmer hatte eine festgelegte Zeit, um die Milch an der Rampe anzuliefern. Foto: Rolf Gatzmanga

Die ehemalige Molkerei Leuscheid befand sich in Niederleuscheid. Später war eine Bäckerei im Gebäude, heute dient es als Mehrfamilienhaus. Foto: Rolf Gatzmanga