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Der Hammerwurf

Text | Personen, Betriebe | 01.07.1950

Der Hammerwurf


von Ernst-Joachim Döring

Einige von uns waren natürlich auch sportbegeistert. In erster Linie waren wir Fußballer. Wenn wir keinen Ball hatten - einen Lederball hatte nur der TuS - nahmen wir alles was rund war. Bevorzugte Stadien waren Müllers und unser Hof. Den Krach der Bälle, wenn sie von den Torflächen, besonders Müllers Blechwand, abprallten, habe ich noch heute im Ohr. Die Nachbarn hatten damals viel Geduld mit Kindern!


Wir betrieben aber auch gerne Leichtathletik. Einmal, wir hatten wohl gerade entsprechende Bilder gesehen, wollten wir auch unbedingt Hammerwerfen üben. Mangels richtigen Geräts, aber ohne Mangel an Fantasie, spießten wir mit Dreck gefüllte Konservendosen auf Stöcken auf, wirbelten sie herum und ließen sie mit beachtlichem Erfolg fliegen. Eine Richtung ließ sich dabei nicht vorhersagen, aber zwanzig Meter erreichten wir leicht.


Nun hatte ich gerade einen besonders schönen Wurf unternommen, der vom „Sportplatz“, unserem Garten, dummerweise Richtung Schulstraße flog. Just da kam der alte Herr Jasser mit seinem schönen schwarzen Mercedes 170 D vorbeigefahren. Mein „Hammer“ traf sehr genau den vorderen Kotflügel und hinterließ eine deutliche Schramme. Das war wirklich der Hammer! Das Geschrei war groß, meine Sportsfreunde waren natürlich weg.


Am nächsten Sonntag musste ich an der Hand meines Vaters zu einem Canossa-Gang zu Jassers um mich zu entschuldigen und Schadensersatz zu leisten. Zuvor war meine Spardose geleert worden, und mein Vater hatte die Summe auf 100 DM erhöht. Damals viel Geld. Schlimmer noch als der Verlust meines Vermögens war der schamvolle Bußgang, der aber die Angelegenheit zur Zufriedenheit der Erwachsenen beilegte.


Danach hat mein Vater eine Familien-Haftpflichtversicherung abgeschlossen, die wenig später erstmals meine Mutter in Anspruch nehmen musste! Aber das ist eine andere Geschichte. Sport haben wir begeistert weiter betrieben.

 


Inge, Frieder, Anne und Jochen Döring