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Angst geht um bei „kabelmetal“

Zeitungsartikel | Betriebe | 12.10.1988

Krisenstimmung in Schladerner Kupferrohr-Fabrik: 320 Beschäftigte bangen um den Arbeitsplatz

Angst geht um bei „kabelmetal“

Konzern übernahm großen Konkurrenzbetrieb im Sauerland – Vorstand will morgen informieren

Von unserem Redakteur Harald Röhrig

Mittwoch, 12. Oktober 1988

Windeck-Schladern – Die 320 Beschäftigten in der Kupferrohr-Fabrik „kabelmetal“ in Schladern bangen um ihre Arbeitsplätze. Nachdem die Kabel-Metallwerke Gutehoffnungshütte AG in Osnabrück Ende vergangenen Monats die Konkurrenzfirma R & G Schmöle im sauerländischen Menden aufgekauft hat, verstärken sich die Befürchtungen, daß dieser vom Bundeskartellamt genehmigte Zusammenschluss schwerwiegende Konsequenzen für den traditionsreichen Betrieb in Schladern haben werde. Gestern breitete sich das Gerücht über eine mögliche Schließung wie ein Lauffeuer aus.

Wegen der Ungewißheit über die Zukunft der Fabrik an der Sieg ist die Angst in der Belegschaft groß. Selbst Optimisten gehen zumindest von erheblichen Rationalisierungs-Maßnahmen und gravierenden Änderungen aus. Denn das Mendener Metallwaren-Unternehmen fertigt mit knapp 2000 Mitarbeitern weitgehend dieselbe Produktenpalette wie „kabelmetal“: Industrieröhren aus Kupfer in allen Größenordnungen.

UM IHRE ARBEITSPLÄTZE bangen jetzt 320 Mitarbeiter des Schladerner Kabelmetal-Werkes. Daß der Konzern die Konkurrenzfirma Schmöle in Menden aufkaufte, könnte das Aus für den Schladerner Betrieb bedeuten. Bild: Harald Röhrig

Die Geschäftsleitung der Kabel-Metallwerke hüllte sich gestern in Schweigen. Sowohl der örtliche geschäftsführende Bereichsleiter für Industrierohre in Schladern, Klaus Streit, als auch der Leiter der Öffentlichkeitsabteilung der Kabel-Metallwerke in Osnabrück, Rolf Reins, lehnten eine Stellungnahme ab und wiesen darauf hin, daß zunächst die Belegschaft über die bevorstehenden Maßnahmen informiert werden solle. Vorstands-Vorsitzender Stegmann in Osnabrück war nicht zu sprechen.

Auch vom Vorsitzenden des Schladerner Betriebsrates, Paul Cornely, gab es keine Stellungnahme, er dementierte aber die Gerüchte über eine mögliche Schließung auf Anfrage nicht. Derweil tagte gestern in Osnabrück der Vorstand der Kabelmetall-Werke in einer Art Krisensitzung. Heute wird sich der WIrtschaftsausschuß des Konzerns mit der Zukunft des Betriebes beschäftigen, anschließend wird eine Sitzung des Gesamtbetriebsrates stattfinden.

Erst am morgigen Donnerstag sollen dann die Beschäftigten des Werkes in Schladern in einer Betriebsversammlung darüber informiert werden, wie es um ihre Arbeitsplätze steht. Im Anschluss daran wird, so kündigten Reins und Streit übereinstimmend an, auch die Öffentlichkeit über die Zukunft der Fabrik unterrichtet, und zwar von einem Sprecher des Vorstandes.

Sollte es zu einer Schließung des Kabelmetall-Zweigbetriebes oder zu einer starken Verringerung der Zahl der Arbeitsplätze kommen, würde dies einen schmerzhaften Einschnitt für die flächengrößte Gemeinde im Kreis bedeuten. Schließlich ist der metallverarbeitende Betrieb, vor der Jahrhundertwende von der englischen Firma Elmores aufgebaut, der größte Arbeitgeber im industriearmen Windecker Ländchen.

INDUSTRIE-KUPFERROHRE wie der betrieb in Schladern (unser Bild) produziert auch die Firma Schmöle im Sauerland. Bild: Harald Röhrig

In den zurückliegenden zwanzig Jahren hatten alle anderen traditionsreichen größeren Industrieunternehmen in der Kommune an der Oberen Sieg aufgeben müssen. Für die meisten der 320 in Schladern Beschäftigten könnte deshalb wohl kaum in absehbarer Zeit ein neuer Arbeitsplatz in der näheren Umgebung gefunden werden.

Diskussionen und Gerüchte über die Schließung oder die Verlagerung von einem Teil der Produktion von „kabelmetal“ gibt es nun schon seit fast zwanzig Jahren. In den frühen sechziger Jahren war das Unternehmen noch in einem starken Aufwind, auf der nördlichen Siegseite baute man ein zusätzliches Werk für die Kupferrohr-Produktion. Nach der Übernahme durch den Osnabrücker Konzern aber wurde die früher mehr als 500 Mitarbeiter starke Belegschaft Zug um Zug abgebaut.

Obwohl die Kabelmetall-Werke hin und wieder noch in Schladern investierten, gerieten die Arbeitsplätze an der Sieg in regelmäßigen Abständen immer wieder neu in die Diskussion. Dabei wurde schon vor Jahren ein Sozialplan für die Beschäftigten von „kabelmetal“ in Schladern erarbeitet, der jetzt im Falle der Schließung des Betriebes von großer Bedeutung wäre. Denn wie zu erfahren war, greift dieser Plan noch bis Ende des Jahres 1988. Eine Stellungnahme der Industriegewerkschaft zu der Entwicklung bei „kabelmetal“ war gestern ebenfalls nicht zu erhalten, die zuständigen Sekretäre waren nicht in der Siegburger Geschäftsstelle zu erreichen.

Quelle: Rhein-Sieg-Anzeiger Nr. 239 / ST 13 vom 12. Oktober 1988

 


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