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Öfter mal zur Sparkasse

Text | Dorfgeschichten | 01.06.1968

Öfter mal zur Sparkasse

Ende der 1960er Jahre hatte die Filiale der Wissener Volksbank in Schladern ihren Kunden einmal etwas richtig Gutes tun wollen, ein großzügiges Überdach vor dem Eingang sollte es sein. Bald erregte die gewaltige Holzkonstruktion vor dem schlichten Bau Anlass zu Lästereien. Böse Zungen titulierten das kostspielige Geschenk an die Kundschaft gar als „Würstchenbude!“

Hell und freundlich - dieser sehr, sehr schöne Vorbau sollte Ende damals ein Vorzeigevorbau der Volksbank in Schladern werden.

Nach über 50 Jahren beleuchten wir die Hintergründe näher, wie aus dem Vorbau der Bank für einen Tag zur Imbiss-Stube wurde und er montags ganz verschwand.

Wer hatte damals seine Finger im Spiel?

Drei befreundete Schladerner Ehepaare trafen sich zu einem feucht-fröhlichen Samstagabend in privater Runde. Es dauerte nicht lange bis Schwung in die Gesellschaft kam. Die Herrschaften hatten dummerweise vergessen, die Vorhänge zuzuziehen, deshalb können wir den Abend rekonstruieren. Hinzu kommt, dass sie sich später bei ihren Kindern später gerne blumig mit dem Hergang des Abends gebrüstet haben.

Ein ganz normaler Samstagabend

Natürlich, die Walters, Seidels und Schmidts machen mal wieder ihr eigenes Fernsehprogramm. Was läuft denn heute Abend?

Konrad Walter wirft sich zur feierlichen Eröffnung des Abends in Positur. Stehen große Ereignisse bevor, in dem Fall auch eine lange Nacht, unterstreicht er die Denkwürdigkeit der Stunde mit dem Tragen der Warmhaltemütze für die Kaffeekanne und einer entsprechenden Handbewegung. Wie man sieht, sind auch geistige Getränke im Spiel.

Gastgeber Hans Günter Schmidt empfängt Konrads Frau vorschriftsmäßig mit Blumen. Elisabeth, von besonders guten Freunden Müther genannt, ziert sich und neigt zu Albernheit. Egal, es ist ohnehin alles zu spät, der weitere Verlauf des Abends ist nicht mehr zu retten

Konrad ist nicht zu bremsen und wechselt vom ernsten ins sportliche Fach. Elisabeth, von Beruf Arzthelferin, damals noch bei Dr. Kaegelmann, später dann bei Dr. Kiefer, weiß genau, worauf es bei den Turnübungen ihres Mannes ankommt, damit er keinen Schaden nimmt.

Als Angestellter bei der Dresdener Bank in Köln achtet Hans Günter stets auf Etikette. Dazu gehört es, bei Bankbesuchen grundsätzlich mit glatt rasierten Nacken zu erscheinen. Konrad hat eine ruhige Hand …

…und nimmt selbstverständlich auch den Staubsauger zur Hand. Wofür allerdings der Schirm gut sein soll?

Elisabeth, Konrad und Margit Schmidt stecken die Köpfe zusammen, sie laufen sich warm für einen nächtlichen Coup auf den Volksbank-Vorbau, für den Sondereinsatz: Schladern braucht en Frittenbud.

Es wird nicht lange gefackelt, alte Tapetenrollen beschriftet, Kleber angemischt und die Leiter geholt. Zum „Luftschnappen und Beine vertreten“ macht sich die Clique auf zur nah gelegenen Volksbank. Das Drogisten-Ehepaar Seidel hat einen kühlen Kopf bewahrt, als direkte Nachbarn der Volksbank ist ihnen diese Nummer zu heiß. Sie verabschiedeten sich, aber nur kurz, denn zum Feiern am nächsten Tag stehen sie auf der Matte. Die anderen sind in ihrem Element, unbeirrt schreiten sie im Schatten der Nacht zur Sache.

Elisabeth bietet Deckung für die Haupttäter der Mission „Frittenbud“ .

Am nächsten Morgen sieht die Welt in Schladern anders aus. Kirchgänger reiben sich die Augen. Bald ist auch die Presse vor Ort.

Ein Anruf bei Helmut Weller, Redakteur beim Kölner Stadt Anzeiger, hat gereicht, schon setzen er und seine spätere Frau Toni sich ins Auto zur Spritztour nach Schladern. Beide sind nämlich selbst oft Teil der feierfreudigen Runde (Helmut und Hans Günter sind Vettern), den Coup wollen sie sich keinesfalls entgehen lassen.


v. li.: Redakteur Helmut Weller und Toni (die Schwester von Windecks späterem Bürgermeister Jürgen Klumpp) - hier mit Konrad und Elisabeth Walter.

Helmut Weller war der „Felix“, der jahrelang für den Kölner Stadt Anzeiger humorvoll auf die Dinge schaute.

Lauffeuer durch den Ort

Wie ein Lauffeuer verbreitet sich die frohe Botschaft im Ort, bald herrscht Volksfeststimmung unter dem Vorbau. Autofahrer halten an und wollen sich an der Imbissbude stärken.

Die Schladerner sind begeistert von der neuen Location, sie karren Bier und Würstchen an. Bis in die Abendstunden wird das Happening gefeiert.

Vorne v. li.: Jörg Müller mit Oma Hertha Spangenberg, leicht versetzt Erna Hundenborn, Margarete Weininger, die Oma von Kabarettist Volker Weininger, und Hildegard Seidel.
Hintere Reihe v. li.: NN, Irmgard Kötting und Elisabeth Walter, Margit und Hans Günter Schmidt (ermüdet), Walter Bruschke.

Nein, wir gehen nicht nach Hause.

v. li.: Walter Müller (Rosbach), Konrad Walter, Christian Müller, Eberhard Schröder, Hans Günter Schmidt

v. li.: Josef Höffer, Heini Hundenborn, Hubert Käsberg

Alle Fotos: Familienarchiv Schmidt

 

 

 

 


Waldbröler Straße 15